Ace Kaiser Moderator
Söldnerforum
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Casting I Teil
eins
Germaine
Danton hatte gute Laune, WIRKLICH gute Laune, als er Punkt
acht Uhr in seinem Büro saß, vor ihm eine große Tasse mit
dampfendem Kaffee stand und daneben ein Ordner lag, auf dessen
Deckel fett geschrieben stand: Dantons Chevaliers -
Einheitsaufstellung. Bisher war die Einheit eher kläglich,
und es würde Tage, wenn nicht Wochen brauchen, sie auf eine
effektive Kamfstärke zu bringen. Und dann stand auch noch das
Training an, denn was nützten zwölf Marodeur samt Piloten,
wenn sie nicht miteinander arbeiten konnten? Germaine
atmete tief durch und nahm einen vorsichtigen Schluck aus der
heißen Tasse. „Schicken Sie mir jetzt den ersten rein, Cindy“,
wies er über die Sprechanlage seine Sekretärin an. Sie gehörte
eigentlich zu Juliettes Stab, hatte aber Talent für diesen Job
und auch gute Noten im Nahkampf bekommen. Falls Germaine bei
dem einen oder anderen Bewerber tatkräftige Hilfe brauchte, um
ihn wieder loszuwerden.
Die Tür ging auf und Jan
Dupree kam herein. „Morgen, Sir.“ Er blieb vor dem
Schreibtisch stehen und machte keinerlei Anstalten, sich zu
setzen. Lediglich das schwarze Barett nahm er ab und steckte
es sich unter die linke Schultertresse. Danton sah auf und
nickte in Richtung des Stuhl. „Setzen Sie sich, Sarge.“
Dupree nahm Platz. Dabei wirkte er, als hätte er ein
Lineal verschluckt. „Ihre Bewerbung, Sarge, ist eigentlich
mehr symbolischer Natur. Sie wissen ja bereits, daß ich Sie
für die Einheit haben will. Sie werden erst mal den Brevet
machen. Sie sind dann für alles verantwortlich, was hier in
der Einheit abläuft.“ „Ja, Sir. Verstehe.“ „Sie haben
einen Greif. Ziemlich modernes Teil. Ich hatte nicht vor, Sie
von ihm abzuziehen. Eigentlich wollte ich Ihnen die Kampflanze
unterstellen. Wenn Sie mit dieser Doppelbelastung
einverstanden sind. Bei den Wacos werden Sie ja nicht viel
gelernt haben, aber Richards Panzerbrigade war sicherlich ein
Erlebnis. Diese Erfahrung darf nicht verschwendet werden.“
„Ich fühle mich der Aufgabe gewachsen, Sir.“ „Gut.
Eines noch, Dupree. Wie Sie wissen, hat der Exodus nicht sehr
viel von meiner Truppe übriggelassen. Da wäre noch Miko Tsuno,
unsere Mechanwärterin. Und meine drei Mechs aus meiner
Abfindung. Es kann sein, daß ich Ihnen für die Kampflanze den
einen oder anderen Mech und Piloten schicke, der auf den
ersten Blick nicht so recht reinpassen wird. Aber Sie müssen
mit ihnen arbeiten und sie zurechtbiegen. Dasselbe gilt
für die anderen Mitglieder unserer MechKompanie. Ich bin
dankbar für Ihren Rat, und bitte nehmen Sie nie ein Blatt vor
den Mund. Vor allem, was unsere Sprungtruppen und die
Panzerunterstützung angeht. Aber bitte, Sarge, ich habe immer
das letzte Wort.“ „Verstanden, Sir, können sich auf mich
verlassen. Äh, Sir, MechAnwärterin Tsuno, hat sie nicht
auf einem Valkyrie geübt?“ „Bis die Falken ihn uns
weggeschossen haben. Wieso?“ „Wenn Sie meine Empfehlung
hören wollen, stecken Sie sie in den Wolftrap.“ „Danke,
Sarge, das klingt vernünftig. Ich werde Ihrem Rat folgen. Das
wäre dann alles. Gehen Sie zur Kaserne rüber und machen Sie
sich mit den anderen vertraut. Ich rate Ihnen, seien Sie nett
zu First Lieutenant Harris, unserer StabsTech und zu meinem
Chefkoch Sergeant Devereux. Die beiden sind das Rückgrat
meiner Truppe.“ „Verstehe, Sir.“ Dupree setzte das Barett
wieder auf und salutierte. „Und tauschen Sie beim Matwart
Ihre Uniform in eine der Chevaliers um. Schwarze Hose,
schwarzes Hemd, dunkelblaue Feldjacke und Schirmmütze.“
Germaine erwiderte den Salut des Sarge. Der schwarzhaarige
Mann drehte sich um und verließ das Büro.
„Den
Nächsten bitte.“ Ein Mann trat ein, sehr groß sehr
schlank. Germaine schätzte ihn auf zwei Meter. Das
beachtenswerteste an ihm aber war sein Schnauzbart. Ein
wahres, großes - sehr großes - Exemplar. Unter ihm
verschwanden die Gesichtszüge des großen Mannes fast
vollständig. „Also, bittä särr, bin ich der Nagy Istvan.
Bin ich Meistertech, guter. Habe hier Paupiere, bestätigände!
Repauriere aulles, wenn ist nicht komplett kapuut. Haube
geaurbeitet frieher in Mechfaubrik, großer. Haub mich
zärrstritten mit Chef, meinigem, und haut mich gesetzt auf
Strauße! Suche jetzt Aurbeit bei Seldnerkompanie,
abenteierlicherr!“ Einen Moment war der Kommandeur der
Chevaliers erstaunt. Dann erschrocken. Er nickte dem Mann,
Platz zu nehmen und sah seine Papiere ein. Germaine sah kurz
hoch und stellte verwundert fest, daß der Riese immer noch
stand. „Setzen Sie sich doch bitte, Mr. Istvan.“ „Bitte um
Verzeihunng, Särr, abär ist Istvan mein Vorrrnahmä und Nagy
derr Nachnahmä. Und wenn Särr erlauben, will liebärr gehen an
Arrbeit. Där Wolftraup brraucht drringend pfligliche Haund von
altä Istvan, Särr.“ Verblüfft schüttelte Germaine den Kopf
und schloß die Akte. Er schob sie dem riesenhaften Mann wieder
zu. „Das heißt, Särr will mich nicht?“ Germaine Danton
schüttelte den Kopf. „Ihre Referenzen sind ausgezeichnet. Ich
wäre ein Narr, Sie wieder wegzuschicken, Mr. Nagy. Ich mache
Sie zum MeisterTech im Range eines Sergeants. Und machen Sie
mir den Wolftrap bis zum Ende der Woche kampfbereit.“
„Dankä sähr, Särr, werden nicht berreuen Sie, daß Sie
genommän habän mich.“ MeisterTech Nagy schüttelte dem
überraschten Danton die Rechte aus Leibeskräften und es hätte
nicht viel gefehlt, und er wäre auch noch herzlich umarmt
worden. „Machä mich soforrt an die Aurbeit, Särr.“ Er wandte
sich um und verließ das Büro.
Der Kaffe hatte sich
mittlerweile merklich abgekühlt, also trank Germaine ihn aus
und schenkte sich nach. „Der Nächste bitte.“
Der
schlanke Mann, der eintrat, hob den Arm zum Salut, ließ ihn
aber wieder fallen. „Sie?“ rief er verblüfft. Der
Kommandeur der Chevaliers erkannte ihn sofort wieder. Zwar
kannte er seinen Namen nicht, aber er hatte dem Mann nach
einer durchzechten Nacht und einer kleineren Schlägerei nach
Hause geholfen. Das war gerade mal ein Woche her. Damals
gab es Team Stampede noch. Der MechKrieger drehte sich auf
dem Absatz um und wollte wieder gehen. „Achtung!“ brüllte
Germaine, woraufhin der andere sofort Haltung annahm und sich
zu ihm umdrehte. „Wo wollen Sie hin, Soldat?“ „Sir,
ich denke nicht, daß Sie mich nehmen, Sir. Nicht nach diesem
Abend.“ „Lassen Sie das meine Sorge sein. Setzen Sie sich,
Soldat.“ Er nahm Platz und schob eine daumendicke Mappe
zum Kommandeur der Chevaliers herüber. Germaine schlug sie
auf und ging sie oberflächlich durch. „Manfred Scharnhorst.
Skye Ranger, hmmm.“ Die Daten sahen vielversprechend aus.
Manfred Scharnhorst war das, was man eine Kriegsweise nannte.
Er war von einer Kampfeinheit in jungen Jahren adoptiert
worden und quasi in das Kriegshandwerk hineingewachsen. Er
hatte alles auf die harte Tour lernen müssen. Erst in einem
Panzer zu sitzen, in einem Platoon zu dienen, es zu
kommandieren und später einen leichten ErkunderMech zu
steuern. Germaine kannte diese Art von Menschen. Für
seinen Geschmack gab es leider zu viele von ihnen in der
Inneren Sphäre. Entweder hatten sie einen irreparablen
psychischen Schaden, oder sie pflegten sich an ihre Einheit zu
klammern, sie als Ersatzfamilie zu betrachten. „Nun, Mr.
Scharnhorst, meine einzige Frage lautet, warum ein
achtunddreißigjähriger Mann mit Ihrer Kampferfahrung das
Risiko eingeht, zu einer Söldnereinhiet zu wechseln.“ In
den Augen des blonden Mannes flackerte es kurz auf. „Und seien
Sie ehrlich, Mr. Scharnhorst. Bis jetzt würde ich Sie gerne
aufnehmen.“ Der andere nickte schwer. „Sir, es... Es ist
so. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber meine alte Einheit
hat mich abgeschoben. Sie wollte mich nicht mehr und schickte
mich zu diesen fanatischen Skye Rangers. Wahrscheinlich
wollten sie, daß ich meinen Abschied nehme. Und wer bin ich,
daß ich mich gegen die LAS stelle?“ „Hm“, brummte Germaine
Danton leise. „Warum die Chevaliers? Warum nicht Wolfs
Dragoner oder DIE ZWÖLF? Warum eine Mannschaft, die sich
gerade erst selbst erschafft?“ Manfred lächelte schwach.
„Sie haben die Antwort, Sir. Die Chevaliers entstehen gerade
erst. Im gewissen Sinne sind wir alle neu hier. Ich brauche
mich nicht in ein bestehendes Team drängen, wenn Ihnen diese
Erklärung ausreicht, Sir.“ „Sie haben Angst“, sprach
Germaine es aus. „Angst, nicht akzeptiert zu werden. Wenn Sie
aber einer der Ersten sind, müssen die anderen Sie
akzeptieren. Ist es das?“ „Sir, ich...“, begann der
Blondschopf. Der Captain unterbrach ihn. „Ich verlange von
Ihnen, daß Sie sich einer psychologischen Untersuchung stellen
und sie absolvieren. Ich kann es mir nicht leisten, die
Erkundungslanze einem Mann mit Selbstzweifeln anzuvertrauen.
Wir werden Ihre Familie sein, First Lieutenant Scharnhorst,
aber Sie dürfen nie an uns zweifeln.“ „Ja, Sir.“ Manfred
Scharnhorst erhob sich und nickte nur. „Entschuldigen Sie, daß
ich Ihre Zeit verschwendet habe, Sir.“ Überrascht hob
Germaine eine Braue. „Haben Sie gehört, was ich gerade gesagt
habe, Lieutenant?“ „Sir?“ „Sie haben einen Kampffalke.
Bringen Sie ihn gleich rüber in unseren MechHangar.
Anschließend lassen Sie sich neu einkleiden und ein Quartier
zuweisen. Dort werden Sie auch das erste Mitglied Ihrer Lanze
kennenlernen. MechAnwärterin Miko Tsuno. Sie hat schon einiges
drauf, aber sie wird noch eine lange Zeit einen starken
FlügelLeader brauchen, der ihr die Tricks beibringt. Aber Sie
machen das schon. Weggetreten, Lieutenant.“ „Das“, begann
Scharnhorst verblüfft, „das bedeutet, Sie nehmen mich?“
Germaine nickte kurz und brummte: „Willkommen bei den
Chevaliers. Wenn Sie rausgehen, Lieutenant, schicken Sie doch
bitte den Nächsten rein, ja?“ „Ja, Sir, verstanden. Und,
danke, Sir, ich werde Sie nicht enttäuschen.“ Der Mann
verließ das Büro im Laufschritt. Germaine war gespannt, ob er
sich einer Beratung unterzog. Von der Erfüllung dieses Befehls
würde viel für den erfahrenen Piloten abhängen. Sehr viel.
Sowohl was die Einheit betraf als auch wie Germaine ihn
einschätzte.
Geändert von Ace
Kaiser am 23.11.2001 um 22:18
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